«Die Olympischen Spiele in Paris sind definitiv zu einem Ziel geworden»
Chiara Tamburlini hat als Proette eine steile Karriere hingelegt. Nur vier Tage, nachdem sie den Amateurstatus aufgegeben hatte, errang sie im August 2023 ihren ersten Sieg als Profi auf der PGA Championship Gothenburg auf der LET Access Series. Im September 2023 sicherte sie sich den zweiten Sieg auf der LETAS bei den Rose Ladies Open in Brocket Hall. In der Order of Merit 2023 der LETAS beendete sie die Saison auf dem dritten Platz und gewann eine der sechs Karten für den Aufstieg auf die Ladies European Tour 2024 (LET). Nach einem dritten Platz bei ihrem ersten Turnier auf der LET, der Magical Kenya Ladies Open, errang sie ihrem ersten Sieg beim Joburg Ladies Open vom 18. bis 21. April 2024. Beat Schoch (GOLFHOME) hat die St. Gallerin am Swiss Golf Team Day auf Golf Sempach zum Interview getroffen.
GOLFHOME: Chiara, fantastisch dein Sieg auf der LET, Gratulation nochmals von uns. Du bist ja erst seit knapp einem Jahr Profi und hast schon unglaublich viel erreicht. Wie fühlt sich das Leben auf der Ladies European Tour an, immer noch wie ein Traum, oder hast du dich inzwischen daran gewöhnt, fühlst du dich zuhause?
CHIARA TAMBURLINI: Doch, ich fühle mich inzwischen schon mehr zuhause. Bereits Ende letzten Jahres in der LET Access fühlte ich mich wohl. Auf der LET besteht ein grosser Unterschied gegenüber der LET Access in punkto Niveau und Organisation der Turniere. Vor allem aber hat es an den Turnieren viele coole und nette Leute und mein Team ausserhalb der Turniere ist ja plusminus das gleiche geblieben und so hat sich vieles nicht verändert und ich fühle mich dadurch mega wohl.
GH: Auf Bildern und Videos von den Turnieren sieht man dich viel lachen, du machst Scherze oder andere mit dir, wie etwa Elena Moosmann mit der Champagnerdusche. Kann man sagen, dass du Spass hast auf der Tour?
CT: Ja sehr, das ist auch Teil meiner Persönlichkeit ausserhalb der Turniere. Ich bin auch schon darauf angesprochen worden, ob ich während dem Turnier auch so viel rede und ich habe festgestellt, dass ich mich so einfach besser fühle und besser spiele, wenn ich Spass habe und mich mit meinen Flight-Partnern unterhalte.
GH: Bei deinem Sieg auf der LET scheint dein mentales Setting für dich entscheidend für den Erfolg gewesen zu sein?
CT: Ich hatte ja sechs Schläge Vorsprung vor der letzten Runde. Das ist ja sehr viel, macht es aber auch fast schwieriger. Ich habe versucht, für mich Ziele zu setzten, nochmals ein Birdie zu spielen und noch eins, weil sonst alles schnell ausser Kontrolle geraten kann, wenn etwa ich einen Fehler mache und die Konkurrentin ein super gutes Loch spielt. Dann rutscht man plötzlich näher zusammen und ist bedrängt. Ich versuchte deshalb, mich immer zu pushen, und nicht einfach zufrieden zu sein.
GH: Hast du dir immer wieder Ziele gesetzt?
CT: Ja, mein Ziel vor der letzten Runde war, auf -20 zu spielen, von -14, und habe das dann erreicht (Anm. der Red.: bei Loch 13, nach 7 Birdies und 1 Bogey), und dann hat es aufgehört und ich konnte mich nicht mehr konzentrieren (lacht).
GH: Bei der 17 spieltest du ein Bogey, bei der 18 schlugst du den Ball ins Wasser, war das wegen fehlender Konzentration?
CT: Ja, ich hatte noch zwei Löcher zu spielen, bei zehn Schlägen Vorsprung. Ich war schon nicht mehr hundert Prozent konzentriert. Wobei der Abschlag bei der 18 kein schlechter Drive war, nur halt fünf Meter zu weit rechts. Fünf Meter mehr links wäre es ein perfekter Abschlag gewesen. Dann war ich im Rough mit einem Baum in der Spielrichtung und versuchte einen Slice um den Baum zu spielen, was ich normalerweise nicht riskieren, sondern den Ball nur 10 Meter herauschippen würde. Ich sagte mir: probieren! und dann ging’s halt schief.
GH: Für das Resultat war es ja belanglos.
CT: Ja, aber für solche Situationen in der Zukunft bringt es etwas, ich habe es dann einmal unter Druck versucht und kann davon lernen, was dann mental in einer solchen Situation passiert.
GH: Was ist denn das Learning daraus?
CT: Fester draufhauen (lacht). Aber ehrlich, ich würde es wohl wieder probieren. Es fehlte nur ein Meter. Wenn dir ein solcher Schlag gelingt, bist du der Hero, blöd gesagt. Aber trotzdem, solche Risikoschläge gehen halt manchmal schief, doch seit etwa einen Jahr versuche ich vermehrt, auch solche Schläge zu spielen. Mit etwas Übung können sich solche Schläge dann auszahlen.
GH: Welches ist dein Ziel 2024 auf der LET?
CT: Anfang Jahr – und natürlich noch immer – war das Ziel, die Tourkarte für die nächste Saison zu sichern. Dieses Ziel ist jetzt erreicht, nach einem Sieg ist die Karte für zwei Jahre gesichert. Jetzt sind Ziele wie die Olympischen Spiele plötzlich hervorgetreten, und ja, die Teilnahme an Olympia ist definitiv zu einem Ziel geworden. Aber das hängt ja nicht nur von meinem Spiel ab, sondern es ist eine Ausmarchung zwischen Morgane (Métraux) und mir und es könnte ja von hinten nochmals jemand nach vorne rutschen (Anm. der Red.: Albane Valenzuela ist als mit Abstand beste Schweizerin für die Teilnahme gesetzt, maximal zwei Schweizerinnen können teilnehmen). Aber ich verkrampfe mich jetzt nicht auf die Position in der Weltrangliste und wer wann wohin rutscht. Die Teilnahme am Olympischen Golfturnier ist zu einem Ziel geworden, doch ich sehe dann im Juni, wie es steht. Und sonstige Ziele: Es wäre cool, nochmals zu gewinnen. Und die Majors sind noch ins Bild gerutscht. Nun scheint eine Teilnahme am British Open möglich und in Evian, und da den Cut zu schaffen ist auch ein Ziel
GH: LPGA ist sicher auch ein Ziel?
CT: Ja, die LPGA ist auch ein wenig auf dem Radar.
GH: Du müsstest über die Qualifying School?
CT: Ja, ich muss mir überlegen, ob ich das schon dieses Jahr probieren will. Würde ich auf der LPGA spielen, hätte das viele Konsequenzen. Die Tour findet in Amerika statt, ich müsste vielleicht auch nach Amerika umziehen. Das kann ich im Moment noch nicht beantworten.
GH: Welches ist dein Lieblingsplatz auf der LET bisher?
CT: Ich muss wohl den Modderfountein GC angeben (Anm. der Red.: den Platz in Südafrika, auf dem sie das LET-Turnier gewonnen hat), aber daneben hat mir der Feather Sound Country Club in Tampa auch sehr gut gefallen.
GH: Wie gut kennst du den Golfpark Holzhäusern, wie gefällt er dir?
CT: Ich kenne ihn nicht, ich war noch die dort.
GH: Aber du spielts das VP Bank Swiss Ladies Open?
CT: Ja, geplant ist es, aber es hat sich gerade viel geändert, hundert Prozent sicher ist im Moment nichts.
GH: Du spielts ja mit Schlägern von COBRA und wirst von PUMA eingekleidet. Wie kamst du dazu und wie zufrieden bist du?
CT: Ja, ich trug zuerst die Kleider von PUMA und dann kam das Angebot mit den Schlägern von COBRA. Ich habe sie ausprobiert und es hat von Beginn an sehr gut funktioniert, ich spiele sie mega gerne.
GH: Danke für das Interview.
Die Ausrüstung von Chiara Tamburlini
Driver DARKSPEED LS 10.5° Ventus Red 6R
Fairway DARKSPEED X 3F & 5F Ventus Red 6R
Hybrid KING Tec 3H Recoil 460 ESX R
Eisen Forged Tec 4-PW Recoil 65 R
Bild: Joburg Ladies Open, Modderfontein Golf Club, Johannesburg, South Africa, 18th – 21st April 2024. Chiara Tamburlini of Switzerland celebrates her win. Credit: Tristan Jones / LET