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André Bossert

Heimfavorit: Interview mit André Bossert

Mirjam Fassold sprach mit dem Heimfavortiten André Bossert über „sein“ Heimturnier in Bad Ragaz, für das er auch Turnierbotschafter ist.

Das Swiss Seniors Open 2018 wird erstmals in neuem Format als Alliance-ProAm gespielt. Für kompetitive Amateure sicher eine grossartige Chance sich unter echten Tour-Bedingungen mit renommierten Playing Professionals zu messen. Wie sehen Sie als Tourspieler dieses Format?

Ich bin ein ambitionierter Turnierspieler und als solcher ziehe ich das klassische Konzept –ein ProAms im Vorfeld, dann drei Runden, in denen nur die Tourspieler antreten – vor. Ich bin überzeugt, dass diese klassischen ProAms im Vorfeld eines Tour-Events eine grossartige Möglichkeit sind, den Gästen der Sponsoren eine gute Zeit auf dem Golfplatz zu bescheren und gemeinsam Spass am Spiel zu haben. Aber es ist eine Tatsache, wir leben in einer sehr dynamischen Zeit und müssen flexibel und offen für neue Formate sein. Insofern kann ich bejahren, dass es für kompetitive Amateurgolfer ein besonderer Reiz ist, bei einem echten Tour-Event mitzuspielen – vor allem dann, wenn sie bei einem solchen Turnier den sportlichen Druck suchen und den Spassfaktor hintan stellen. Amateure, die bei einem solchen Format mitspielen, müssen sich bewusst sein, dass ihr professioneller Spielpartner sie auf dem Platz nicht im gleichen Mass unterstützen kann, wie bei einem klassischen Pre-Tournament-ProAm. Wenn man sich dessen bewusst ist, dann ist das neue ProAm-Format für alle eine tolle Sache. Ich denke und hoffe, das neue Format gibt den Verantwortlichen des Swiss Seniors Open neue Möglichkeiten bei der Akquise von Sponsoren.

Sie sind Mitglied des Senior Tour Committees, der Spielervertretung auf der Staysure Tour, und haben in dieser Funktion mehrfach betont, dass es den Tourspielern ein Anliegen ist, den Sponsoren etwas zurückzugeben. Beispielsweise in Form einer erstklassigen «Betreuung» der Sponsoren-Gäste beim ProAm. Wie eng kann diese Betreung beim Alliance ProAm am Freitag und Samstag sein?

Ich habe es bereits erwähnt, dass der Gast in einem Pre-Tournament-ProAm von seinem Pro mehr Aufmerksamkeit erwarten darf und von ihm auch mehr Tipps bekommt, da die Pros bei klassischen ProAms mehr Zeit für ihre Amateure haben. Ich habe in den letzten Jahren mehrere solcher Alliance-ProAms gespielt und dabei beobachtet, dass es Pros gibt, die versuchen den Amateuren auch bei diesem Format möglichst viel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Auch ich selbst versuche meinen Amateur-Partnern möglichst viel Unterstützung zu geben. Es gibt aber auch Berufskollegen auf der Tour, die bei solchen Alliance-ProAms sehr stark auf ihr eigenes Spiel konzentriert sind. Wieviel Aufmerksamkeit und Unterstützung ein Tour-Professional seinem Amateur-Spielpartner auf dem Platz zukommen lässt respektive zukommen lassen kann, hängt auch mit der Persönlichkeit des Pros und ein Stück weit mit seiner aktuellen Position auf dem Leaderboard zusammen.

Das Swiss Seniors Open ist das Turnier auf der Staysure Tour, das am längsten ununterbrochen auf dem gleichen Platz gespielt wird. Welchen Stellenwert hat dieses Turnier bei den Tour-Professionals?

Das Swiss Seniors Open ist ein äusserst beliebtes Turnier. Jeder Spieler auf der Staysure Tour liebt Bad Ragaz – den grossartigen Platz, das Hotel, das Essen und vor allem das wunderbare Gefühl, von den Organisatoren und Helfern umsorgt zu werden.

Der GC Bad Ragaz hat 2017 ein neues Clubhaus bekommen und die Bahnen 10 und 11 wurden umgebaut. Sie haben diese Bahnen letztes Jahr beim Turnier gespielt. Wie ist Ihr Eindruck?

Das Clubhaus ist schlicht spektakulär. Was die neuen Wasserhindernissen an den Löchern 10 und 11 betrifft, möchte ich es gerne poetisch formulieren: Sie haben der alten Dame – dem Golfplatz – neues Leben eingehaucht. (schmunzelt)

Sie sind Botschafter des Swiss Seniors Open und damit der Lokalmatador, entsprechend lasten jedes Jahr hohe Erwartungen von Zuschauern, Veranstaltern und wohl auch Ihnen selbst auf Ihnen. Wie wichtig wäre ein Sieg in Bad Ragaz für Sie selbst?

Von allen Turnieren im Kalender, die Majors ausgenommen, ist das Swiss Seniors Open das Turnier, das ich mehr als alle anderen gewinnen möchte. Das Swiss Seniors Open hat bei der Planung meiner Saison immer grosse Priorität. Konkret heisst das, ich versuche die Vorbereitung so zu organisieren, dass ich für Bad Ragaz in Top-Form bin.

Um wieviel grösser ist der Druck bei diesem Heimturnier für Sie effektiv?

Richtig, das Swiss Seniors Open ist mein Heimturnier – das bedeutet automatisch, dass mir in Bad Ragaz mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als bei anderen Turnieren. Und das erhöht den Druck doch ein wenig. Aber dies ist eine Art von Druck, die ich gerne in Kauf nehme, und ich versuche jeweils auch, diese erhöhte Aufmerksamkeit beim Heimturnier zu geniessen.

In Bad Ragaz haben Sie in den vergangenen drei Jahren jeweils zwei tolle Runden gezeigt, die auf einen Heimsieg hoffen liessen. 2016 schossen Sie sich am Finaltag mit einer 74 aus der Entscheidung, 2015 beraubten Sie sich mit einer 73 am Samstag aller Siegchancen und stellten am Sonntag mit 61 Schlägen den Platzrekord ein, 2017 sind Sie mit einer für Sie bescheidenen 71 ins Turnier gestartet. Welche Vorkehrungen treffen Sie, damit 2018 erst der Montag ihr schlechter Golftag sein wird?

Das Golfspiel und auch der Score lassen sich nicht so einfach voraussagen oder planen, aber wie gesagt, das Swiss Seniors Open ist für mich ein wirklich wichtiges Turnier. Aus diesem Grund werde ich alle Vorkehrungen treffen, um jene Dinge, die sich beim Golfsport kontrollieren lassen, auch kontrollieren zu können. Und ich werde bestmöglich vorbereitet nach Bad Ragaz reisen. Meine Devise beim Swiss Seniors Open 2018 wird sein: Sei lang und gerade vom Tee, lasergenau mit den kurzen Eisen und putte wie der Teufel!

2016 haben Sie erstmals auf der Senior Tour, der heutigen Staysure Tour, gewonnen und Ende Saison Rang 3 in der Order of Merit belegt; 2017 ist es nicht ganz so gut gelaufen – Rang 2 in Finnland und Platz 16 in der Order of Merit. Was nehmen Sie mit aus der letzten Saison?

Ja, die letzte Saison war leider nicht so erfolgreich wie 2016, aber ich bin trotzdem stolz, dass ich es in der Order of Merit in die Top-20 geschafft habe. Ich bin 2017 gut in die Saison gestartet, habe mich Mitte Saison dann ziemlich schwer getan, mich aber zurückgekämpft und das Jahr mit guten Resultaten und gutem Golf beendet. Ausserdem war ich zumindest teilweise sehr zufrieden, weil ich meine Platzierungen bei den Majors im Vergleich zum Vorjahr verbessern konnte.

Sie spielen nun Ihre fünfte Saison auf der Senior Tour, die neu Staysure Tour heisst, einen Titelsponsor hat und für 2018 fünf neue, respektive zusätzliche Turniere im Kalender aufweist. Das entspricht einer Zunahme um ein Drittel. Wie sehen Sie die Zukunft dieser Tour?

Das ist wirklich eine äusserst erfreuliche Entwicklung, dass die Tour wächst und mit einem Titelsponsor, Staysure, einen langfristigen Vertrag hat abschliessen können. Direktor David MacLaren hat viele neue und positive Impulse und Ideen für die Tour gebracht. Ich bin sicher, unter seiner Leitung wird die Tour von Jahr zu Jahr weiter wachsen.

Sie sind Mitglied im Senior Tour Committee, wo können Sie Einfluss auf die Entwicklung der Tour nehmen?

Direkt Einfluss zu nehmen ist nicht die Aufgabe des Committees, aber wir sind da, um David MacLaren und seinem Team mit Rat und Tat hilfreich zur Seite zu stehen – vor allem dann, wenn es um Fragen zum Golfspiel geht. David pflegt einen sehr offenen und transparenten Kommunikationsstil, so dass das Tour Committee in den laufenden Angelegenheiten stets auf dem aktuellen Wissensstand ist. Er bespricht sich regelmässig mit uns, das schätze ich sehr. Wir Spieler können bei diesen Gelegenheiten jeweils unsere Sicht der Dinge darlegen. Aber es bleibt dabei: David ist der Spezialist für die geschäftlichen Angelegenheiten der Tour, da vertrauen wir seinen Fachkenntnissen voll und ganz.

Wie sehen Sie Ihre eigene Zukunft? Nehmen Sie nochmals einen Anlauf in Richtung US Champions Tour?

So, wie sich die Staysure Tour derzeit entwickelt, bin ich sehr glücklich, in Europa spielen zu können – nahe bei meiner Familie und nicht weit weg von Zuhause. Aber wer weiss, was die Zukunft bringt…

Noch eine letzte Frage zu Bad Ragaz: Wie hat sich der Platz in den letzten fünf Jahren, seit Sie beim Swiss Seniors Open mitspielen, entwickelt?

Seit ich 2014 erstmals auf der Seniorentour hier gespielt habe, war der Golfplatz in Bad Ragaz immer in grossartigem Zustand. Das war auch im letzten Jahr nicht anders – so gesehen: es ist gut, wenn sich nichts verändert. Was die Umbauten am Platz, speziell die Löcher 10 und 11, betrifft, haben diese keinen Einfluss aufs Spiel. Der Platz spielt sich mit der gleichen Strategie wie zuvor. Optisch allerdings hat der Platz mit den neuen Wasserhindernissen enorm gewonnen. Der kleine Bach auf Loch 10 und der See an Grün 11 sorgen für eine wundervolle Ambiance.